
Ist das Verhältnis unter Brüdern oftmals „hart, aber herzlich“?
Wieder sind einige Jahre ins Land gegangen. Ständig kommen neue Geschäftsfelder hinzu, der Gewürzhandel mit Indien, die Münzprägung für die Päpste und vieles mehr. Inzwischen ist das Unternehmen so reich, dass einige Fürsten, Kaiser und Könige Kreditnehmer der Kaufmanns sind. Die Geschwistergesellschaft sehnt sich schon danach, dass die jüngeren Geschwister sie im Unternehmen unterstützen. Sie sind sehr froh darüber, dass die überarbeitete Familienverfassung die Wogen zwischen Mainald dem Mächtigen und Max dem Machthungrigen geglättet hat.
Hilde die Hinterlistige unkt zwar schon „wollen wir mal sehen, wie lange das anhält“, aber im Moment herrscht ein einigermaßen harmonisches Miteinander. Neulich auf einem Familientreffen hatte Max sogar ein paar nette Worte für Mainald übrig. Ein Vorbild für die beiden könnten Clemens der Clevere und Hartmut der Harmonische sein. Hartmut ist zwar noch nicht im Unternehmen, aber bei Diskussionen an Familientreffen kann man die künftige fruchtbare Zusammenarbeit der beiden schon erahnen. Sie diskutieren gerne über ihr Lieblingsthema „Ritterturniere“. Dabei kommt es zu manchem Wortgefecht, aber die beiden bleiben immer sachlich und keine Diskussion beschädigt ihre soziale Beziehung.
Vera Knauer, Expertin für Nachfolgen in Familienunternehmen, berichtete in ihrem letzten Beitrag über Brüdertandems: „Der Älteste und die Macht“. Es gibt viele Konstellationen von Brüderbeziehungen. Solche, die im gemeinsam geführten Unternehmen heftige und unfair geführte Machtkämpfe austragen. Oder die, in denen die Brüder sich vordergründig akzeptieren, im Untergrund aber die Macht des anderen untergraben. Typischer als die subtile Machtuntergrabung ist allerdings das Prinzip vieler Brüdertandems „Hart, aber herzlich“. Gemeint ist damit, dass um Sachthemen teils hart bzw. heftig, aber immer sachlich gefochten wird, ohne dass sich das negativ auf ihre soziale Beziehung auswirkt.
Man könnte auch sagen, sie nehmen Kritik oder den Anspruch des anderen auf eine eigene Ansicht nicht persönlich. Zwischen den Brüdern herrscht ein gesunder Wettbewerb untereinander, der für das Unternehmen förderlich ist. Sie verhalten sich sehr solidarisch, wenn einer der beiden aus irgendeinem Anlass Hilfe benötigt. Man kann das mit der Situation vergleichen, wenn Eltern mit einem Kind schimpfen und die Geschwister dann zusammenstehen und sich verteidigen, auch wenn sie sich kurz davor noch gegenseitig ärgerten.
Meine Erfahrung ist, dass es viele gut funktionierende Brüderkonstellationen in Familienunternehmen gibt. Bei diesen ergänzen und unterstützen sich die Brüder und machen damit das Unternehmen erfolgreicher, als es einer alleine geschafft hätte. Trotzdem empfiehlt sich auch hier die Erstellung einer Governance, denn gerade in „friedlichen Zeiten“ ist es viel einfacher, eine Vorsorge zu treffen für mögliche Veränderungen, die in der Zukunft im Unternehmen anstehen können. Das können die Kinder der Brüder sein, eine Scheidung, der Wunsch eines Bruders, das Unternehmen zu verlassen und vieles mehr. Regeln, nach denen Familienunternehmen mögliche Konflikte regulieren, tragen entscheidend zum Erfolg eines Unternehmens bei.
Mögliche Klippen in der Zusammenarbeit der Brüder können mit dem Geschwisterprofil analysiert werden. Es bereitet den Weg zu einem erfolgreichen Brüdertandem als Führungsteam.