Unternehmerin und Mutter – lassen sich beide Rollen wirklich vereinbaren?
Als Spezialisten für Nachfolger in Familienunternehmen zeigt unsere Erfahrung: Im Leben einer Frau können zwei wichtige Zeitfenster bei ihrer Karriere- und Familienplanung zusammenfallen: Das Zeitfenster zwischen circa 30-45 Jahren, in dem eine Frau üblicherweise eine Führungsposition einnimmt und dem Zeitfenster, in dem die meisten Frauen ihre Kinder bekommen. Bei Frauen, die recht jung Mutter werden, ist eine Unternehmensübernahme durch Generationenwechsel in der Regel problemlos. Meist überlappen sich aber die beiden Zeitfenster.
In vielen Familien herrscht immer noch der Glaubenssatz, dass es nicht funktionieren kann, eine Familie zu haben und die Führung des gesamten Familienunternehmens zu übernehmen, da man weder dem einen noch dem anderen gerecht wird. Wie viel Zeit im jeweiligen Bereich eingesetzt werden muss, um beidem gerecht zu werden, kann nur die Person entscheiden, die in der Situation steckt. Eine sehr gute Organisation ist die Voraussetzung, um beide Lebensfelder -Kinder und Karriere- gut kombinieren zu können.
In der Umsetzung bedeutet dies, dass Aufgaben in einem gewissen Umfang delegiert werden müssen. Anders aber als die Arbeits- oder Präsenzzeit, kann Verantwortung nicht delegiert werden. Wenn es ein Problem im Unternehmen oder meinem Führungsbereich gibt, so kann ich dies nicht „weg delegieren“, auch wenn es eigentlich meine „freie Zeit“ ist. Ebenso verhält es sich mit Kindern, was oft eher akzeptiert wird. Sind diese krank oder brauchen aus einem anderen Anlass meine mütterliche Hilfe und Fürsorge, so kann ich diese Verantwortung ebenso wenig weg delegieren. In der Praxis muss eine Erreichbarkeit für die Notfälle vorausgesetzt werden, die nicht verschoben oder delegiert werden kann.
Weder für die Leitung eines Unternehmens, noch für das Familienleben ist eine 100%ige Anwesenheit erforderlich, jedoch eine 100%ige Übernahme der Verantwortung fürs Ganze. In anderen Kulturen, wie beispielsweise unserem Nachbarland Frankreich, ist es völlig normal und schon lange in der Landeskultur integriert, dass Frauen Vollzeit arbeiten und Kinder haben, die dann in der Ganztagesbetreuung sind. Ob das französische Volk dadurch schlechter oder besser aufgestellt ist, bleibt noch zu beweisen. Im Kontrast zu Frankreich wird es in der westdeutschen Kultur hingegen nach wie vor hochgehalten, wenn die Mutter „eigentlich zum großen Teil zu Hause bleibt“. Frauen mit einer stärkeren Karriereorientierung wird dadurch der geplante Berufsweg erschwert und sie sind häufig mit einem schlechten Gewissen belastet.
Weiterhin ist es in der Praxis von vielen Unternehmensnachfolgen, die ich begleitet habe, manchmal nicht nur eine Frage der zeitlichen Organisation, sondern auch der persönlichen Lebensphase. In der Nachfolge habe ich es erlebt, dass sich die Nachfolgerin den Wunsch, sich bis zum Erwachsensein ihrer Kinder hauptsächlich ihrer Familie zu widmen, durch eine Nachfolge an eine „Zwischengeneration“ erfüllen konnte. Geeignet erweisen sich hierfür beispielsweise Geschäftsführer im Alter von ca. 50-55 Jahre, die die Geschäfte in der Zwischenzeit führen und mit ihrem Übertritt ins Rentenalter dann der Nachfolgerin übergeben. Bedeutend bei diesem Modell ist es, dass diejenige Tochter, die später dann die Rolle der Geschäftsführerin übernehmen soll, nicht die Tuchfühlung zum Unternehmen verliert, sondern den Kontakt zu Mitarbeitern, Geschäftspartnern etc. pflegt. Wie dieses Modell genau aussehen kann, lässt sich durch eine Unternehmens-Governance genau regeln.