Wie funktioniert die Zusammenarbeit von Geschwisterteams?

Vera Knauer, als erfahrene Nachfolgerberaterin in Familienunternehmen, erklärt: Mehrheitlich wird aus der alleinigen Inhaberschaft des Unternehmers in zweiter Generation eine Geschwistergesellschaft, die das klassische Thronfolgermodell ablöst. Üblich war der klassische, patriarchische Führungsstil mit klaren Richtungen und Ansagen und die Erziehung war oft darauf ausgelegt, den Erstgeborenen als Nachfolger auf diese Rolle vorzubereiten. Durch die Übergabe an eine Geschwistergesellschaft entsteht nun ein Führungsteam.

Besteht dieses aus weiblichen und männlichen Nachfolgern, profitiert es vom positiven Effekt der Diversifikation bei der Zusammensetzung von Führungsteams. Studien beweisen, dass sich insbesondere eine ausgewogene Geschlechtermischung förderlich für den Erfolg eines Teams auswirkt. In dieser Konstellation entsteht die höchste Gruppenintelligenz und die beste Innovationsquote. Frauen haben das bessere soziale Gespür und eine höhere Empathie im Miteinander. Sie bringen wichtige Kriterien wie den Teamgedanken, Achtsamkeit auf den Menschen im Arbeitsalltag und Wertschätzung in das Team und schaffen damit die Voraussetzung für Motivation und Kreativität im Team. Damit tragen sie auch federführend zur Führungskompetenz weiblicher wie männlicher Führungskräfte der Generation Y bei. Dennoch ist ein rein weibliches Führungsteam nicht das Optimum. Typisch männliche Eigenschaften wie z. B. die höhere Risikobereitschaft, die Zielgerichtetheit, die Ergebnisorientierung und das Verhandlungsgeschick bereichern ebenso das Führungsteam, wie die höhere Sozialkompetenz und emotionale Intelligenz der Frauen.

Die Hauptursache des Scheiterns von Geschwistergesellschaften ist, dass sie als Team nicht miteinander funktionieren. Geschwister sind es nicht gewohnt, als Team miteinander im Arbeitskontext zu agieren. Wird das Handeln im Arbeitskontext durch die Beziehung und von Dynamiken im Familiensystem subtil bestimmt, ist ein professionelles Arbeiten auf fachlicher Basis, in der Argumente, Fachkompetenz und Ratio das Handeln bestimmt, fast unmöglich. Jeder, der schon einmal mit seiner Schwester oder seinem Bruder in einem Unternehmen gearbeitet hat, kennt das Gefühl, dass man in einer bestimmten Situation anders reagiert hat, als man das bei Nicht-Familienmitgliedern getan hätte.

Die Dynamiken einer Familie werden von vielen Faktoren bestimmt, wie den jahrelang erworbenen Verhaltensweisen der Geschwister untereinander oder der Beziehung der Geschwister in Abhängigkeit von Geschlecht und Altersabstand. Wichtig ist auch der Stellenwert, den der Gründer den einzelnen Geschwistern einräumt und ob er den weiblichen Nachfolgern die gleiche Kompetenz zutraut, sowie die Wahrnehmung der Geschwister untereinander und mögliche Familientabus. Neid, das Buhlen um Anerkennung und Familiendynamiken, die in das Unternehmenssystem wirken, sind oft die Gründe, wenn Familienunternehmen scheitern.

Deshalb braucht ein familiengeführtes Unternehmen wie jedes Unternehmen eine Unternehmensstrategie und zusätzlich eine individuelle Familienstrategie zur Regelung dieser Besonderheiten, die jedes Familienunternehmen für sich aufweist. Eine Lösung bietet eine Family-Governance mit dem Governance Kodex für Familienunternehmen bzw. der Gesellschafter-Charta als freiwilligen Leitfaden. Er enthält Empfehlungen zur situationsadäquaten Gestaltung der Organisation von Führung, Kontrolle und Sicherung des Zusammenhalts der Familie als tragende Säule des Familienunternehmens. Speziell für die Zusammenarbeit von Geschwistern im Team haben wir das Geschwisterprofil entwickelt. Es analysiert mögliche Stolpersteine bestehender oder künftiger Teams und bereitet den Weg zu einer guten Zusammenarbeit.

Die Strukturen von Familienunternehmen variieren stark in der Unternehmensgröße, in den Rechts- und Finanzierungsformen und in den Inhaberstrukturen mit wenigen bis zu mehreren hundert Inhabern. Je mehr aktive Teilhaber in der Gesellschafterversammlung eingesetzt sind, umso schwieriger ist es natürlich, zu einer einvernehmlichen strategischen Unternehmensentscheidung zu gelangen. Meist werden aber nicht alle Nachfolger als tätige Gesellschafter eingesetzt und die häufigste Form einer Geschwistergesellschaft ist die Mischung von tätigen und nicht tätigen Gesellschaftern. Eine weitere Grundannahme nach von Kibéd und Sparrer ist die „Anerkennung des höheren Einsatzes und der Verantwortung für das Ganze“ (siehe Blog-Beitrag #1). Auf dieser Basis müssen höherer Einsatz und eine stärkere Verantwortungsübernahme einzelner Mitglieder der Geschwistergesellschaft in deren Honorierung erkennbar sein.

Bildquellen: Afra Dettigkhofer; Christoph Amberger; Staatsgalerie Stuttgart | Bildnis eines vornehmen Mannes mit Goldhaube; Hans Burgkmair der Ältere; Staatsgalerie Stuttgart | Bildnis einer Dame mit Pfirsichzweig; Govaert Flinck; Staatsgalerie Stuttgart | David Dettigkhofer; Christoph Amberger; Staatsgalerie Stuttgart